Mittwoch, 1. Juni 2016

DER ANFANG

Es fing an, als ich für B. Geschichten schrieb. Geschichten von ihrem eigenen Sterben. Geschichten für eine Sterbende im Angesicht ihres Todes. B. wollte diese Geschichten von mir haben. Ich habe es für B. gemacht, weil sie es  nicht mehr selber konnte. Sie hatte wie viele Sterbende nichtmehr die Kraft dazu. Ich habe B. meine kreativen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, damit sie sich in den Geschichten wiederfinden kann. Um ihr einen Raum für ihre Gedanken und Gefühle zurückzugeben.

Wenn ich auf meine Arbeit als Künstlerin schaue, so ist diese geprägt von einer permanenten Fragestellung zu Vergänglichkeit, zu der Endlichkeit des Seins, zu Leben und Sterben und dem, „was bleibt?“. Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist dazu eine Unmenge an Recherchematerialien, Bilder, Texte, Fotoserien, Collagen und Klänge entstanden.

So ist es kein Wunder, dass ich seit einigen Jahren im ambulanten Hospiz Menschen am Ende ihres Lebens begleite. Hospizarbeit ist Ehrensache. Es ist mir eine Ehre, wenn Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt noch einmal zu mir, einem fremden Menschen, Vertrauen aufbauen können, sich anvertrauen, sich von mir begleiten lassen.

Seit meiner Hospizarbeit schreibe ich Tagebuch über die Menschen, die mir dort begegnen. Tagebuchschreiben ist eine gute Möglichkeit, sich etwas von der Seele zu schreiben. Auch das muss sein.
In diesem blog möchte ich diese Geschichten vom Sterben und Lieben weitergeben und der Frage nachgehen, wie es sich im Angesicht des Todes leben lässt. Ich möchte über die unterschiedlichsten Umgangsformen mit dem Tod nachdenken und sehen, was das mit meinem Alltag macht. Und ich möchte herausfinden, ob Kreativität und Kunst für sterbende Menschen wichtig sein könnten - und wenn ja, wie?

Und auch, ob es vermessen ist, sich auf diese Art und Weise diesen Themen zu nähern.
 
Somit ist dieser blog auch für mich eine Reise in ein unbekanntes Terrain.